Das wahre Bild Christi

Gedanken zum Patronatsfest 2017.

Veronika.

Auch vera iconica, auf Deutsch: wahres Bild.

Einer Legende nach ist Veronika die Frau aus der Heilungsgeschichte im Matthäusevangelium. Sie war eine Jüngerin Jesu und sie bat ihn um ein Abbild. Da nahm Jesus ihr Tuch, hielt es über sein Gesicht und auf wundersame Art und Weise waren seine Gesichtszüge fortan in dem Tuch sichtbar. Sie hatte das wahre Bild Jesu, das heißt kein von Menschenhand gemachtes Bild. Und sie zeigte es den anderen Menschen und von dem Bild gingen heilende Kräfte aus.

Eine andere Legende erzählt, dass Veronika am Kreuzweg stand. Das ist der Weg den Jesus nach seiner Verurteilung zur Kreuzigungsstätte ging. Veronika ging zu Jesus hin und reichte ihm ein Tuch, mit dem er den Schweiß von seinem Angesicht trocknete.

Zwei Legenden, zwei Motive:

  • Veronika die uns ein Tuch mit dem wahren Abbild Jesus zeigt und
  • Veronika, die Jesus hilft, indem sie ihm ein Tuch reicht.

Und die Frage für uns, die wir Veronika als Patronin ausgesucht haben, lautet: Was bedeuten die beiden Legenden und Motive für uns, wenn wir sie uns als Vorbild nehmen.

Es wurde viel diskutiert, wie wir den Menschen das wahre Bild Christi zeigen. Was zeigen wir da? Was wäre auf dem Tuch zu sehen, das wir den Menschen zeigen. Der Leidensmann, verletzt und voller Blut? Ist das das wahre Bild? Zeigen wir nur ein Kreuz? Das Kreuz steht für seinen Tod, den er für uns erlitt. Aber seine Geschichte endete nicht am Kreuz. Jesus ist aufgefahren gen Himmel und sitzt zur Rechten Gottes. Also was zeigen wir? Den Auferstandenen? Aber wie?

Manche meinen man müsste das Tuch leer lassen. Wir können uns kein Bild machen. Ja wir sollen uns auch kein Bild machen. Zeigen wir den Leuten nichts? Ist das wahre Bild Christi leer? Kann man da wirklich nichts zeigen? Der Apostel Paulus schreibt: Jesus ist das sichtbare Ebenbild des unsichtbaren Gottes. In Ihm wurde Gott selbst Mensch. In ihm hat sich Gott uns ganz konkret gezeigt. Und Jesus selbst sagte: Wer mich sieht, sieht Gott den Vater. Er verstand sich selbst als das lebendige und sichtbare Abbild Gottes. Wie sollten wir da nichts zeigen können? Aber die quälende Frage für uns als Pfarrei bleibt: Was malen wir auf das Tuch um den Menschen das wahre Bild Jesus zu zeigen?

Da wir hier nicht weiterkommen, schauen wir uns doch zunächst das zweite Motiv an: Veronika reicht Jesus ein Tuch. Sie hilft ihm. Sie steht zu ihm, auch dort wo sich fast alle anderen abgewandt haben sie setzt sich über alle Konventionen hinweg und spricht als Frau einen zum Tode verurteilten Mann an. Sie lindert seine Not. Sie geht nicht weg. Sie bleibt bei ihm. Sie glaubt an ihn. Und sie hilft ihm mit ihren ganz bescheidenen Möglichkeiten.

Sie kann keine Wunder bewirken. Kann das Unaufhaltsame nicht aufhalten. Aber sie kann mitfühlen und mitleiden und mit ihrer kleinen Geste das Leben ein klein wenig lebenswerter machen. Ein klein wenig menschlicher.

Macht sie es da nicht so wie Jesus selbst? Denn Jesus ging auch zu den Menschen hin. Und wenn er einen Menschen sah, der seiner Hilfe bedarf, scherte sich wenig um Konventionen. Er ging hin, fühlte und litt mit den Menschen mit. Und er half ihnen.

Jesus sagte: „Wer mich sieht, sieht den Vater“. Es ist nur schwer vorstellbar, dass er damit meinte der Vater sieht aus wie ein Zwillingsbruder von mir oder so. Vielleicht ist das ja so zu verstehen: „Schaut her wie ich denke und fühle und handele. Dann seht ihr wie Gott euer Vater denkt und fühlt und handelt. Er ist bei euch, er fühlt mit euch er leidet mit euch, er hilft euch. Er ist barmherzig und von großer Güte. Und er dient euch, so wie ich euch gedient habe.

Und jetzt wird uns auch klar, dass uns Veronika gerade in diesem Motiv und mit dieser kleinen Geste das wahre Bild Jesu zeigt. Das heißt also nicht durch festgebrannte Bilder, durch einzementierte Aussagen und alten Legenden kann man den Menschen das wahre Bild Jesus zeigen, sondern durch Handlungen der Nächstenliebe. Wenn wir als Pfarrei also Veronika nacheifern wollen und den Menschen das wahre Bild Jesus zeigen wollen müssen wir so denken, fühlen und handeln und dienen, wie Jesus es getan hat. Zu den Menschen hingehen, ihnen in ihrer Not beistehen und ihnen helfen.

Und jetzt können wir auch die Frage beantworten, was wir auf das Tuch malen, mit dem wir den Menschen das wahre Bild Gottes zeigen. Wir malen Veronika drauf, wie sie Jesus das Schweißtuch reicht.

Die Handlung und der Dienst als das wahre Bild Christi.

Sozusagen ein Bild im Bild.

Ein wahres Bild: Vera iconica.

Veronika.



Text: Michael Schneider