Der Kreuzweg in St. Peter Ensheim

Der Kreuzweg in der Pfarrkirche St. Peter Ensheim befindet sich etwas versteckt unter der Empore des Querschiffes. Außerdem ist er verglichen mit anderen Kreuzwegen etwas „speziell“. Also höchste Zeit sich einmal damit zu beschäftigen.

Einführung

Der Kreuzweg wurde 1986 von Pater Peter Klein SAC geschaffen. Er besteht aus sieben Stationen, entsprechend den sieben Tagen, in denen unsere Welt erschaffen wurde. Sie gliedern sich in drei Felder: Der eigentlichen Kreuzwegstation links, die ein Bild aus der Leidensgeschichte Jesu im Neuen Testament zeigt, steht rechts eine Darstellung aus den Urgeschichten des Alten Testaments gegenüber. Das, was sich rechts durch die Gottesferne als Unheil kundtut, findet seine Entsprechung links im Leidensweg Christi. Dazwischen befindet sich eine Schrifttafel, die oben die alttestamentliche Szene und unten die neutestamentliche Szene beschreibt.

Wie der Lebensweg Jesu, so endet jeder Menschenweg mit dem Tod und im Grab. Dieser Kreuzweg hat aber noch ein achtes Bild, das keine Station mehr darstellt sondern den achten Schöpfungstag. So wurde der Tag der Auferstehung Jesu von den alten Kirchenvätern genannt. Das Bild hebt sich in Form und Darstellung von den anderen Stationen ab und stellt etwas ganz Neues dar.

1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt

Altes Testament

Nach dem Sündenfall verstecken sich Adam und Eva vor Gott. Sie haben Angst. Nach den Einflüsterungen der Schlange erscheint ihnen Gott nicht mehr als der Vater des Lebens und der Schöpfer alles Guten, sondern als ein Gewaltherrscher, als ein Unterdrücker, der ihnen das Beste vorenthält. In dieser Situation meinen sie selbst wie Gott werden zu müssen, um ihr Leben abzusichern. Als ihnen dann die Augen aufgehen über das, was sie ohne Gott wirklich sind, finden sie keinen Weg mehr zurück. Angst und Misstrauen hindern sie ihr Versagen vor Gott, der sie sucht, einzugestehen und verstecken sich.

Neues Testament

Jesus liefert sich den Soldaten aus mit den Worten „Ich bin es!“. Diese Worte erinnern an den alttestamentlichen Gottesnamen JHWH (Ich bin, der ich bin). Wie festgebunden, die Last des Menschseins auf sich gebunden steht er nackt und ungeschützt vor Gott und der Welt.

Impuls

Der glaubende und vertrauende Mensch kann die Masken seines Lebens vor Gott ablegen. Er darf sein was und wie er ist, ein Mensch in all seinen Begrenzungen. Sein Ansehen gründet nicht in ihm selbst, sondern im liebenden Anblick Gottes.

2. Station: Jesus trägt das Kreuz und begegnet seiner Mutter

Altes Testament

„Unter Schmerzen wirst du Kinder gebären“, „Unter Mühsal wirst du den Ackerboden bestellen“. Diese Strafworte über Adam und Eva zeigen, dass sich der Segen ohne Gott ins Gegenteil verkehrt hat. Die Fruchtbarkeit der Frau als Folge ihrer liebenden Hingabe wird zur Qual. Die Arbeit als Teilhabe an dem Schöpfungswerk Gottes wird zur lebenslangen Plage. Das Leben in Gottesferne wird zu einem Kreislauf der Vergeblichkeit.

Neues Testament

Jesu Wirken, das so hoffnungsvoll in Galiläa begonnen hat, geht dem Ende zu. In der Stunde seiner Gefangennahme sind seine Freunde geflohen. Die viele Arbeit erscheint vergeblich. Auch der Weg Marias verliert sich in Dunkelheit und Schmerz. Die Verheißungen, die sie mit der Geburt ihres Kindes erhielt, scheinen verloren gegangen zu sein.

Impuls

Der Weg aller Menschen scheint im Dunkeln zu enden. Wo aber einer seinen Weg in dem Glauben geht, dass Gott mit ihm geht und ihn sicher ans Ziel führt, da wird dieser Weg zum Heilsweg.

3. Station: Jesus fällt unter dem Kreuz

Altes Testament

In einer Welt ohne Gott, muss jeder sein Ansehen und seinen Wert aus eigener Kraft schaffen. Dadurch werden die Mitmenschen zwangsläufig zu Konkurrenten und in jedem steckt die Angst letzten Endes überflüssig zu sein. So schlummert in jedem Menschen die Gestalt des Kain, der seinen Bruder Abel totschlägt, weil dieser ihm die Gunst Gottes stiehlt. Nur wenn der andere kleingemacht oder totgemacht wird, kann man selbst groß dastehen. Eine Freude am Wohlergehen des Anderen scheint nicht möglich zu sein.

Neues Testament

Für die Führer seines Volkes war Jesus ein gefährlicher Konkurrent. Die Faszination, die von ihm ausging und einen Großteil des Volkes begeisterte stellte ihre Autorität in Frage. Also musste er klein und totgemacht werden. In den Staub getreten.

Impuls

Ein Mensch, der die Tragik durchschaut, die Menschen zu Mördern werden lässt, weiß, dass nur der groß ist, der von Gott dazu erhoben wird. So kann er sich erniedrigen lassen ohne zu hassen und ohne zu zerbrechen.

4. Station: Simon von Cyrene und Veronika stehen Jesus bei

Altes Testament

Noah hat nach der großen Flut einen Weingarten angelegt. Er trinkt zu viel Wein und liegt berauscht und nackt in seinem Zelt. Kanaan, einer seiner drei Söhne sieht ihn in dieser peinlichen Situation und er macht sich bei seinen Brüdern über seinen Vater lustig. Die Schwäche seines Vaters bietet ihm die Gelegenheit sich selbst hervorzutun.

Neues Testament

Auch Jesus ist in einer beschämenden Lage. Als Verurteilter auf dem Weg zu seiner Kreuzigung, wankend unter der Last des Kreuzes, wird er zum Gespött der Menge. Doch Veronika, eine Frau am Wege stellt sich auf seine Seite und wird somit selbst zum Gespött. Das Kreuz, das im Fallen beide begraben könnte, fällt aber nicht. Denn Simon von Cyrene hält es fest.

Impuls

Je mehr ein Mensch erkennt, dass er nicht wirklich auf die Kosten anderer groß sein kann, sondern nur dadurch, dass er sich liebend hingibt, wird letztlich frei. Frei von dem was andere über ihn denken und reden.

5. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen

Altes Testament

Lamech, ein Nachfahre Kains, brüstet sich vor seinen Frauen, dass er schon Männer tötete, für die kleinste Wunde, die sie ihm zugefügt haben. Siebenundsiebzigfach soll seine Rache ausfallen. Das Morden ist für ihn etwas Selbstverständliches geworden. Und seine Frauen bestätigen seine Anmaßung mit ihrem Beifall.

Neues Testament

Am Leidensweg ist es genau umgekehrt. Die Größe Jesu liegt nicht in seinem männlichen Großgetue, sondern darin, dass er Schwäche zeigen kann, weil er ein von Gott Erwählter ist. Er ist dem üblichen Machtgehabe scheinbar unterlegen. Und die Frauen weinen.

Impuls

Ein Mensch, der Anerkennung immer im Beifall der anderen sucht, verliert sich schnell in seinem Imponiergehabe. Die eigentliche Größe liegt aber darin, was er vor Gott ist.

6. Station: Jesus wird gekreuzigt und stirbt

Altes Testament

Eine Welt, die sich Schritt für Schritt von Gott losgesagt hat, beschwört ihren eigenen Untergang herauf. Das ist in der Erzählung von der Sintflut thematisiert. Noah wird mit seiner ganzen Familie aus Gnade errettet, während über den anderen die Fluten zusammenschlagen sie vernichten.

Neues Testament

Auch über Jesus brechen die Fluten des Verderbens herein. Der Hohepriester hatte erklärt, dass es besser ist, wenn ein einziger Mensch für das Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht. So muss Jesus allein das Ausmaß der Gottlosigkeit erleiden. Er erleidet sie für viele und wird selbst zur Brücke, die zum Leben und Überleben führt.

Impuls

Es gibt gegenüber den Kräften der Zerstörung, die es im Menschen und in der ganzen Welt gibt, nur eine einzige Antwort: Die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, die den Menschen rettet. Gott bietet sie jedem an.

7. Station: Jesus wird ins Grab gelegt

Altes Testament

Eine Gesellschaft, die geeint und stark ein will, braucht einen Mittelpunkt und ein Ziel. Ist Gott nicht mehr Mittelpunkt und Ziel, dann tritt an seine Stelle ein menschengemachtes Werk. Im Turmbau zu Babel kommen die Urgeschichten zum Höhepunkt einer Entwicklung ohne Gott. Doch dann gibt es kein Verstehen untereinander mehr und keine Hoffnung mehr und das menschengemachte Werk kommt zum Erliegen.

Neues Testament

Auch der Tod Jesu bedeutet aus menschlicher Sicht das Ende aller Hoffnungen, die in ihn gesetzt wurden.

Impuls

Wo das Leben aus eigener Kraft alles war, da ist der Tod das Letzte. Aber der Glaubende kann Ja zum Tod sagen, denn er weiß in seinem Innersten, dass er dem Herrn gehört. Ob er lebt oder stirbt.

8. Bild: Der neue Himmel und die neue Erde

Altes Testament

„Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.“ (Jesaja)

Neues Testament

„Wir verkündigen, wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (Paulus)

Dieses neue, große, von Gott geschenkte Leben ist die Vollendung dessen was wir zwar ansatzweise erfahren, aber auch schmerzlich vermisst haben: Ein wirklicher Frieden und reine Liebe.

Impuls

Durch die Auferstehung Jesus ist das Kreuz nicht mehr ein Zeichen des Todes, sondern es wird zur Kreuzblume, zum Zeichen des neuen Lebens das aufblüht. Und in seinem Licht kann eine neue gottgewollte Menschheit leben.



Text: Aus „Leben mit Gott und gegen den Tod“, Schrift der Pfarrgemeinde St.Peter. Bilder: Michael Schneider