Ausmalungen (St. Peter im barocken Kleid)

Sie war einmal ein Engel in der Ensheimer Kirche, - die 82-Jährige Oberstudiendirektorin i. R. aus dem Rheinland. Ihr Brief kam gerade in den Tagen an, als eine Spezialfirma die Farben und den Putzgrund im Kircheninneren vor der letzten Innenrenovierung untersuchte. Darin erzählte sie, dass sie seinerzeit als Studentin an der Kunstakademie Köln für ihren Lehrer Franz Erlecke Modell saß. Das war in den Wochen, da dieser Entwürfe für die barocke Ausmalung von St. Peter Ensheim zeichnete und sich in seiner direkten Umgebung für die Gestaltung des großen Chorbogens nach "Engeln" umsah.

Jene Untersuchungen erbrachten übrigens Enttäuschendes: Von den neun Engelchören am Chorbogen war genauso wenig übrig geblieben wie von den Deckengemälden im Chorraum und über der Vierung. Durch Kriegs- und Nachkriegseinwirkungen war bis auf ein paar wenige Dekorationsreste alles zerstört, was diese Kirche an künstlerischer Ausgestaltung an Decken und Wänden aus den Jahren 1932 bis 1935 einmal zu bieten hatte. Dabei war diese Ausgestaltung einmal mit so viel Aufwand verbunden!

Entwurf zu Ausmalungen von 1930

Bereits im Jahr 1929 war der Plan gereift, die Ensheimer Pfarrkirche durch eine entsprechende Ausmalung wieder in jene schöne Barockkirche zu verwandeln, die sie vor ihrer großen Erweiterung 1908/09 war. Auch hatten die Pfarrmitglieder schon seit Jahren für diesen Zweck Geld gesammelt. In seinem Genehmigungsantrag an das Bischöfliche Ordinariat in Speyer vom Dezember 1931 schrieb Pfarrer Franz: "Für die hiesigen Katholiken wäre ein evtl. Nichtzulassen der Ausmalung eine schwere Enttäuschung". Die Genehmigung erfolgte dann auch wenige Tage später.

Von den 17 Kirchen- und Kunstmalern, die ihre Bewerbungen eingereicht hatten, nahm die Kirchenverwaltung vier in die engere Wahl: Franz Erlecke aus Köln-Sülz, Josef Held aus Düsseldorf, Niko Krämer aus Saarbrücken und Ferdinand Schuto aus Bingen.

Aufgegeben war der Anstrich von Decken und Wänden sowie deren barocke Dekoration, die Restaurierung der gesamten Inneneinrichtung (Altäre, Kanzel etc.), Deckengemälde "Dreifaltigkeit" im Chor, Deckengemälde "Petrus" über dem Hochalter, Deckengemälde "Huldigung der Pfarrei und der Diözese vor Christkönig" in der Vierung und "Huldigung der Engelchöre" am großen Chorbogen. Ferner sollten 14 Bilder des Kreuzwegs von Prof. Gebhard Fugel, München, sowie 7 Bilder "Sieben Schmerzen Marias" von Jansen, Antwerpen, - jeweils als Kopien - gemalt werden.

Im September 1931 erhielt der Kunstmaler Ferdinand Schuto aus Bingen den Gesamtauftrag. Doch die Zusammenarbeit stand wohl unter keinem guten Stern. Im August 1932 lieferte der Künstler zwar die auf Zinktafeln gemalten Kreuzweg- und Sieben-Schmerzen-Bilder. Doch zwischen ihm und der Kirchenverwaltung Ensheims kam es nie zu einer vernünftigen vertraglichen Regelung. Der Streit drohte schon fast zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung auszuufern, da entzog man Herrn Schuto im Juni 1932 den Auftrag.

Von Seiten der Ensheimer Pfarrangehörigen wurden - wegen der Hinauszögerung und Unterbrechung der Arbeiten - schon Unmutskundgebungen laut, da kam endlich im Sommer 1933 die Genehmigung der Bischöflichen Ordinariats, Herrn Kunstmaler Niko Krämer, Saarbrücken, mit der weiteren Ausführung der vorgesehenen Arbeiten zu betrauen. Die Bauaufsicht lag in Händen von Architekt Weiß, Saarbrücken. Man kam überein, dass dis Dezember die Arbeiten beendet seien.

Doch dieser Termin war für den Künstler wohl nicht einzuhalten. Nach Beginn der Arbeiten entwickelte sich bald ein heißer Briefwechsel zwischen dem Architekten, Herrn Krämer und der Kirchenverwaltung. Beanstandungen, Einsprüche, Reklamationen und immer wieder Hinweise auf Vertragsverletzungen zögerten die Arbeiten zusätzlich hinaus. Der Fertigstellungstermin im Dezember 1933 konnte ebenso wenig eingehalten werden wie ein "allerletzter Termin" im Februar 1934.

Vermittlungsgespräche, in die die Professoren Grewenig und Bauer, später auch Rechtsanwälte eingeschaltet waren, scheiterten. Herr Krämer klagte sogar vor Gericht. Es kam, wie es kommen musste: Die Kirchenverwaltung entzog Herrn Krämer am 17. Februar 1934 den Auftrag.

Die Katholiken von Ensheim aber waren es längst Leid, so schon lange ihre Gottesdienste unter Malergerüsten feiern zu müssen. Doch die Arbeiten waren immer noch nicht zu Ende geführt. So beauftragte die Kirchenverwaltung bereits im Frühsommer 1934 den Rheinländer Franz Erlecke mit deren Fertigstellung, die dieser dann auch in Zusammenarbeit mit dem Dekorationsmaler Josef Lotz, Riegelsberg, zu Wege brachte.

So vollende Herr Erlecke u. a. die noch unfertigen Deckengemälde und bemalte auch den großen Chorbogen mit den "Neun Engelchören". Und zumindest einer dieser "Engel" erinnerte sich noch mit 82 Jahren daran, dem Künstler dafür als Modell gedient zu haben.

Innenansicht der Kirche nach ihrer Ausmalung 1935

Ähnlich dramatisch scheint es auch schon vor 250 Jahren zugegangen sein, als es um die Innenausstattung dieser Kirche ging. Pfarrer Petrus Caren (siehe oben) hatte sie 1755/56 besonders schön mit Stuckelementen und Malereien ausstatten lassen und musste dafür eine beträchtliche Summe leihen. Wegen der Rückzahlung dieses Darlehens kam es zum Streit mit dem Abt von Wadgassen. Pfarrer Caren fiel in Ungnade und musste sogar ins Gefängnis.

Die in den folgenden Jahrzehnten verblassten und unansehnlich gewordenen Fresken wurden z. T. 1811 übertüncht. Aus dem Jahr 1857 ist jedoch ein Gesuch des damaligen Pfarrers Colling erhalten, in dem es u. a. heißt:

"Die Maler der hiesigen Dosenfabrik haben sich endlich dazu verstanden, die betreffenden Bilder auf dem nämlichen Grunde mit Wasserfarben zu renovieren... Einige Bilder sind schon fertig und gegen alle Erwartung gut ausgefallen. Der Symmetrie und größeren Verschönerung der Kirche wegen wäre es notwendig, dass noch einige Bilder ganz neu angefertigt werden, wie z.B. auf beiden Seiten der Nebenaltäre und an der Decke des Chores, wo nach Berichten alter Menschen früher Bilder waren... An dem Bogen, der das Chor vom Kirchenschiff trennt, sollen Engeln mit Posaunen gemalt werden, welche zum Jüngsten Gericht aufrufen... Die betreffenden Bilder werde ich von München aus der Kunsthandlung von Güpen kommen lassen, damit sie als Originale dienen können...".

Höchstwahrscheinlich war auch schon die mittelalterliche Vorläuferkirche, jene vom Jahr 1155, in ihrem Inneren mit Fresken oder Malereien ausgestattet. In einem Visitationsbericht von 1686 erscheint dies als selbstverständliche Gegebenheit, während drei Zeilen weiter ausdrücklich das Fehlen jeglicher Ornamentik bei der Eschringer Kapelle vermerkt ist.

Heute bietet sich der Innenraum von St. Peter in dezenten Farben dar. Der Blick geht wie selbstverständlich, und übrigens ganz im Sinn des Barock, hin zum Hochaltar. Dieser findet seine Ergänzung in den beiden Seitenaltären. Auch ohne barocke Ausmalung spürt der Besucher: Hier ist ein Ort zum Verweilen.


Zum Anfang: Die Geschichte der Pfarrkirche St. Peter Ensheim


Festschrift 250 Jahre St.Peter