Die Geschichte des Kirchenchors St. Peter Ensheim

Segnung der Statue der hl. Cäcilia 1989 Alte Akten lassen darauf schließen, dass es in Ensheim schon sehr lange einen Kirchenchor gibt. Nach einem Sitzungsprotokoll des Fabrikrates (Kirchenrates) vom Mai 1840 beschwerten sich z.B. die beiden Lehrer Jacob Ast und Franz Josef Dörr über Jugendliche, die während der Sonntagsgottesdienste den Chor auf der Empore störten. Ebenso spricht eine Notiz vom Februar 1845 von einem Sängerchor St. Peter Ensheim.

Ganz sicher ist jedoch die Gründung eines Cäcilienchors im August 1869. Doch die Patronin der Kirchenchöre, die hl. Cäcilia, hätte damals gar nicht mitsingen dürfen. Es war nämlich ein reiner Männerchor! Und zwar ganz in Anlehnung an die altkirchliche Vorstellung, wonach Frauen kein liturgisches Amt übernehmen konnten, auch nicht das des Sängers beziehungsweise der Sängerin.

Vom Jahr 1869 sind zumindest die Gründungs-Statuten erhalten. Sie geben ein wenig Einblick in das damalige Selbstverständnis der Chormitglieder:

Gründungsstatuten von 1869

  • Mitglied des Vereins kann jeder unbescholtene, jüngere oder ältere Mann sein; bevor einer jedoch das 18. Lebensjahr nicht erreicht hat, kann er nicht in den Verein aufgenommen werden.
  • In jeder Woche finden sich die Mitglieder zweimal (während der Wintermonate dreimal) zusammen im Sälchen des Wirtes Nicolaus Adt (heute: Gasthaus Degott-Herkenräder), welcher Versammlung jedes Mitglied nach Tunlichkeit anwohnen soll.
  • Wer dreimal ohne genügende Entschuldigung den wöchentlichen Versammlungen nicht beiwohnt, wird als ausgeschlossen betrachtet.
  • Die Versammlungsstunden sind die Abendstunden, die niemals über die Polizeistunde hinaus verlängert werden sollen, es sei denn, dass eine Gesangsproduktion solches nötig macht.
  • Wer über die Polizeistunde hinaus in den Wirtshäusern sich herumtreibt oder des Übersitzes angeklagt wird, soll als unsolid aus dem Verein ausgeschlossen werden.
  • Während der Unterhaltungszeit bleibt es jedem unbenommen, seinem Humor freien Lauf zu lassen. Von selbst versteht es sich, dass alles in den gehörigen Schranken der Ordnung und Sittlichkeit geschehe, desgleichen, dass während des Gesanges die Unterhaltung sistiert (untersagt) ist.
  • Die Sänger sind verbunden (was soviel heißen soll wie gehalten), ganz den Anordnungen des den Gesang leitenden Lehrers sich zu unterwerfen, und somit bei den vom Lehrer bestimmten Übungsstunden zu erscheinen. Etwaige Entschuldigungen wegen Nichterscheinens sind beim dirigierenden Lehrer einzubringen.

Wann aus diesem reinen Männerchor ein gemischter Chor wurde, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Es muss wohl zwischen 1895 und 1902 geschehen sein. Denn bei der Grundsteinlegung zum Cäcilienhaus (heute: Pfarrheim) im Jahr 1895 wird die Aufgabe des Chors noch mit "zur Pflege ... des Gregorianischen Gesangs", damals eine Männerdomäne, angegeben. Aus dem Jahr 1902 jedoch ist überliefert, dass ein vierstimmiger, gemischter Chor die Gottesdienste gestaltete.

Mit Sicherheit hat der erste Weltkrieg die Entwicklung des Chors empfindlich gestört. Einige beherzte Männer gingen jedoch sofort nach Kriegsende an die Erneuerung des Cäcilienvereins. Mit dem Jahr 1919 begann für diesen dann auch eine wahre Blütezeit. Mehr als 100 aktive Sängerinnen und Sänger sowie weitere rund 200 fördernde Mitglieder gehörten dem Verein an, der damals schon unter der Leitung von Lehrer Wilhelm stand. Er war es auch, der erstmals mit der Einstudierung klassischer Werke der Kirchenmusik (Händel, Mozart, Beethoven) begann. Hohe kirchliche Feiertage oder besonders festliche Anlässe erhielten mit solchen Werken herausragenden Glanz.

Die NS-Zeit und die Zeit des zweiten Weltkriegs brachten für den Chor erneut eine Fülle von Schwierigkeiten, - bis hin zum Verbot des öffentlichen Auftretens. Der Cäcilienchor ließ sich davon nicht schrecken. Unermüdlich probten und sangen die Sängerinnen und Sänger weiter. Wie sie z.B. die Primizfeiern der Ensheimer Neupriester gestalteten, wurde dann auch stillschweigend geduldet.

Dieses Durchhalten und Durchstehen kann wohl nur der verstehen, wer um die Liebe der Chormitglieder zur Kirchenmusik weiß. Hinzu kam, dass sich das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das in all den Jahren so behutsam gepflegt war, in diesen schwierigen Zeiten bewährte. Was war da nicht alles an Gemeinschaftsgeist gewachsen in den vielen Veranstaltungen zwischen 1920 und 1935! Konzert- und Theaterveranstaltungen, besinnliche und gesellige Feiern schweißten sie zusammen. In vielen Ensheimer Familien war es selbstverständlich, dass man zum Cäcilienverein gehörte.

Nach dem zweiten Weltkrieg war es ein ganzes Team, das den Dirigenten beim Neuaufbau des Kirchenchors unterstützte. Männer wie Hermann Wilhelm, Josef Leismann, Peter und Josef Karren, Johann und Peter Helwig, Albert Fleisch, Ludwig Engel und Rudolf Seiler sind da zu nennen. Und all dies geschah seit 1919 unter der Stabführung von Herrn Lehrer Adolf Wilhelm!

Als er im Dezember 1955 aus gesundheitlichen Gründen den Dirigentenstab niederlegen musste, übernahm Schwester M. Soteris für ein Jahr die Leitung des Chors. Ihr folgte am Dirigentenpult von 1956 bis 1966 Heinrich Karren, von 1966 bis 1970 Lothar Fuhr und von 1971 bis 1988 Hubert Roth.

Danach lag die Leitung von 1988 bis 2005 bei Anette Priester, von 2006 bis 2011 bei Ralf Buchstäber, danach bis 2018 bei Claudia Nirschl, dann für kurze Zeit bei Peter Thole und seit 2019 bei Timo Seewald.


Martina Grzeschick 1. Vorsitzende