„Alles beginnt mit der Sehnsucht,
am Anfang steht immer ein Traum“
Siegfried Fietz
„Wenn Du ein Schiff bauen willst,
dann trommle nicht Menschen zusammen,
um Holz zu beschaffen,
Aufgaben zu vergeben
und die Arbeit einzuteilen,
sondern wecke in Ihnen die Sehnsucht Meer.“
Nach Antoine de Saint-Exupéry
Die Mitglieder des Pfarreirates haben, als gewählte Vertreter der Pfarrei, eine Vision für die Pfarrei entwickelt.
Bei der Vision wollte der Pfarreirat, dass das Patrozinium berücksichtigt wird, für das sich die ehemals eigenständigen Pfarreien vor 5 Jahren entschieden haben. Auch sollten die 4 leitenden Perspektiven des neuen Seelsorgekonzeptes des Bistums Speyer berücksichtigt werden.
Bei einem Brainstorming wurden Gedanken geäußert und gemeinsam extrahiert und weiterentwickelt. Daran anschließend hat jedes Mitglied noch einmal die Punkte festgelegt, die ihm an dem gemeinsam entworfenen Bild wichtig sind. Sehr schnell hatte sich dabei die Nächstenliebe als zentrales Element herauskristallisiert.
Im Folgenden werden zuerst die Gedanken zur Pfarrpatronin vorgestellt und dann wird anhand einer biblischen Erzählung herausgearbeitet, wer denn eigentlich dieser Nächste ist, den wir lieben sollen und wie diese Liebe aussehen kann. Darauf aufbauend wird dann unsere Vision dargestellt und erklärt, wie Nächstenliebe geschehen kann. Dann wird das Thema noch unter den vier leitenden Perspektiven des Bistums betrachtet und zuletzt werden die vielen einzelne Punkte, die den einzelnen Pfarreiratsmitgliedern in diesem Zusammenhang wichtig sind, genannt.
Die Heilige Veronika ist die Patronin der Pfarrei. Eine Legende erzählt, dass Veronika am Kreuzweg stand, und als Jesus zusammenbrach, reichte sie ihm ein Tuch, mit dem er den Schweiß von seinem Angesicht trocknete. Veronika erweist ihm damit einen bescheidenen, aber wertvollen Dienst.
Der Name Veronika wird volksetymologisch als eine Zusammensetzung des lateinischen Wortes „vera“ (wahr) und dem altgriechischen „eikon“ (Bild, Zeichen) gedeutet. Und zwar meistens in der Art, dass Veronika uns das wahre Bild Jesu zeigt. Aber was zeigt sie uns da? Wir möchten diese Deutung nicht in dem Sinne verstehen, dass sie uns ein originalgetreues Bild von seinem Gesicht zeigt, quasi eine alte Fotografie, sondern sie zeigt sich selbst als Abbild Jesu im übertragenen Sinne.
Als viele seiner Anhänger sich von Jesus abwenden oder sich im Hintergrund halten, beweist Veronika Mut auf Jesus zuzugehen und ihm einen Liebensdienst zu erweisen. Sie steht zu ihm. Sie setzt sich über alle Konventionen hinweg und spricht als Frau einen zum Tode verurteilten Mann an. Sie lindert seine Not. Sie schaut nicht weg. Sie hilft ihm mit ihren bescheidenen Möglichkeiten.
Sie kann keine Wunder bewirken, das Unaufhaltsame nicht aufhalten. Aber sie kann mitfühlen und mitleiden und mit ihrer kleinen Geste sein Leiden ein klein wenig lindern.
Sie handelt so, wie Jesus selbst gehandelt hat. Auch er ging zu den Menschen hin. Wenn er Menschen sah, die seiner Hilfe bedurften, scherte er sich wenig um Konventionen, sondern setzte sich über diese hinweg, ging zu den Menschen, fühlte und litt mit ihnen und half ihnen.
Jesus sagte: „Wer mich sieht, sieht den Vater“. Man kann das so interpretieren: „Schaut her, wie ich denke und fühle und handele. Dann seht ihr wie Gott euer Vater denkt und fühlt und handelt. Er ist bei euch, er fühlt mit euch, er leidet mit euch, er hilft euch. Er ist barmherzig und von großer Güte. Und er dient euch, so wie ich euch gedient habe. Wenn ihr das alles seht, seht ihr wie ich bin und wie der Vater ist.“
Das bedeutet also nicht durch festgebrannte Bilder, durch einzementierte Aussagen und alte Legenden kann man den Menschen das wahre Bild Jesus zeigen, sondern durch Handlungen der Nächstenliebe.
Wenn Veronika nicht nur unsere Patronin sein soll, sondern auch unser Vorbild, dann müssen auch wir denken, fühlen und handeln, wie Jesus es getan hat. Zu den Menschen hingehen, ihnen die Hand reichen. Wir können eine Hand sein, die hilft. Wir können ein Ohr sein, das zuhört. Und wir können ein Mund sein, der tröstet.
Nicht in den großen Werken und der großen Kraft besteht die Nachfolge Jesu, sondern in den kleinen Gesten und den kleinen Dingen, die wir mit unserer kleinen Kraft zu tun vermögen. So können wir das Leben lebenswerter und auch ein wenig menschlicher machen. Dadurch kann Gottes Wirklichkeit in unsere Welt hineinschimmern.
Veronika ist für uns ein Vorbild der Nächstenliebe. Und auch wir können uns in einer Gesellschaft, die sich immer mehr von Jesus abwendet, uns zu ihm bekennen und der Welt sein wahres Bild zeigen, indem wir Nächstenliebe zeigen.
Wenn wir von Nächstenliebe reden, müssen wir zunächst einmal klären, wer in diesem Zusammenhang eigentlich unser Nächster ist. Dazu erzählt die Bibel, wie ein Schriftgelehrter genau das Jesus fragt: „Wer ist mein Nächster, den ich lieben soll?“
Unsere klassischen Antworten wären : Der Ehepartner, die Kinder, die Eltern, die Verwandten, die Freunde, die Nachbarn, die Arbeitskollegen, die Vereinskollegen, diejenigen, die sonntags neben uns im Gottesdienst sitzen, Menschen aus dem gleichen Haus, der gleichen Straße, dem gleichen Ort, dem gleichen Land, dem gleichen Volk.
Aber Jesus gibt gar keine Antwort, sondern er erzählt ein Beispiel (Lukas 10,25-37): Ein Mann ist unterwegs von Jerusalem nach Jericho. Ein unübersichtlicher Weg durch die Berge, aber trotzdem ein von Händlern viel benutzter Weg. Dort wird er ausgeraubt und schwerverletzt liegen gelassen. Ein Priester und ein Gesetzeslehrer gehen an ihm vorbei. Sie haben wichtigeres zu tun und lassen ihn liegen. Ein Samariter, der vorbeikommt, versorgt seine Wunden, bringt ihn zur nächsten Unterkunft und gibt dem Wirt Geld, damit der Verletzte vorerst dortbleiben kann.
Und dann gibt Jesus die Frage in abgewandelter Form an den Schriftgelehrten zurück: „Wer von den dreien war dem Bedürftigen sein Nächster?“ Der Schriftgelehrte erkennt sofort das Wesentliche und antwortet: „Derjenige, der barmherzig an ihm gehandelt hat.“
Jesus sagt in dem Beispiel gar nichts über den Bedürftigen und seine Herkunft. Zu welchem Volk, zu welcher Familie er gehörte, was war er von Beruf war, ob er angesehen oder ein Bettler war. Ob er ein guter oder ein schlechter Mensch war. Das alles ist in dem Zusammenhang uninteressant für die Frage nach dem Nächsten. Als negative Beispiele von Menschen, die sich lieblos verhalten haben, wählt er angesehene Leute. Als positives Beispiel der Nächstenliebe wählt er einen Samariter, einen von denen, die damals verhasst waren. Zumindest aus der Sicht des Fragestellers. Jesus will nicht per se die Samariter loben und die anderen schlecht machen. Er wählt ein Beispiel, das ganz deutlich macht, dass es bei Nächstenliebe nicht um Sympathien geht.
Und dann dreht Jesus die Frage um. Er fragt nicht, wessen Nächster der Bedürftige war, sondern er fragt, wer dem Bedürftigen zum Nächsten wurde.
Es ist also für die Frage der Nächstenliebe unwichtig, wer unser Nächster ist. Wichtig ist, wem wir zum Nächsten werden. Und die Antwort ergibt sich aus dem Beispiel: Demjenigen, dem wir helfen und dem wir barmherzig gegenüber sind.
Das hat nichts mit Zuneigung oder romantischen Gefühlen zu tun.
Unsere Vision ist eine Pfarrei, in der jeder dem Anderen zum Nächsten wird.
Davon träumen wir und darauf arbeiten wir hin.
Nächstenliebe geschieht immer in 3 Schritten: Sehen, Entscheiden und Handeln.
Veronika sah das Leid Jesu, sie entschied sich ihm ihr Tuch zu reichen und sie tat es. Der Samariter sah den Verletzten, entschied sich zu helfen und tat es. Die anderen Vorbeikommenden entschieden sich dagegen. Das Entscheidende ist also die Entscheidung. Aber auch die anderen beiden Punkte sind nicht zu vernachlässigen.
Als Menschen in der Pfarrei wollen wir aufmerksam sein, genau hinsehen und hinhören und wahrnehmen, wo Menschen unsere Hilfe brauchen. Durch genaues Hinsehen können wir auch feststellen, ob Hilfe gebraucht wird, oder ob wir den Menschen lediglich etwas überstülpen möchten, von dem wir annehmen, dass es gut für sie ist.
Als Menschen in der Pfarrei wollen wir uns dafür entscheiden zu helfen. Wir wollen überlegen, was wir leisten können und was nicht. Meistens können wir keine großen Dinge tun, aber wir können uns für kleine Dinge entscheiden. Wir können ein Lächeln schenken, wir können Danke sagen, wir können über die Fehler anderer hinwegsehen, statt sie Ihnen vorzuhalten. Wir können anderen Mut machen und Hoffnung geben.
Als Menschen der Pfarrei wollen wir auch handeln und nicht nur reden.
Deshalb sollt ihr einander Mut machen und einer den anderen stärken, wie ihr es auch schon tut.
1. Thessalonicher 5,11
Im Grundsatzpapier zu dem neuen Seelsorgekonzept hat das Bistum 4 leitende Perspektiven erarbeitet, an denen sich alles in der Pfarrei orientieren soll. Die 4 leitenden Perspektiven sind Spiritualität, Evangelisierung, Anwaltschaft und weltweite Kirche.
Die Besinnung auf Gott und die Bitte um seinen Geist werden unsere Spiritualität vertiefen. Achtsamkeit, Gebet und Lesen der Heiligen Schrift können uns helfen unsere Beziehung zu Jesus zu vertiefen, ihm nachzufolgen, uns zu erneuern und ihm damit ähnlicher zu werden.
Da uns Spiritualität wichtig ist, wollen wir auch anderen Menschen zu mehr Spiritualität verhelfen, indem wir Raum dafür schaffen und uns in unseren Entscheidungen auf Pfarreiebene davon leiten lassen. Insbesondere soll Jesus Christus als Mittelpunkt auch unser Handeln innerhalb der Pfarrei bestimmen, denn er ist der beste Lehrmeister für Nächstenliebe.
Evangelisieren bedeutet das Evangelium, die Frohe Botschaft von Jesus und seinem Werk weiterzugeben. Dazu müssen wir uns als erstes selbst evangelisieren lassen, indem wir diese Botschaft annehmen. Nur was wir angenommen haben, können wir auch weitergeben. Und wir müssen uns fragen, ob wir glaubwürdige Zeugen der christlichen Botschaft sind. Denn nur wenn wir authentisch leben und uns und anderen nichts vormachen, werden wir auch als glaubwürdig wahrgenommen.
Da uns Evangelisierung wichtig ist, wollen wir stets bereit sein, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von uns wissen will, welche Hoffnung uns erfüllt. 1. Pertrus3,15. Denn auch das ist für uns ein Akt der Nächstenliebe.
Wir wollen das Leben in der Pfarrei nicht als Selbstzweck ansehen, sondern uns auch zum Anwalt derer machen, die ansonsten kein Gehör finden. Anwaltschaft beginnt für uns damit, dass wir die Menschen so wahrnehmen, wie sie sind und sie nicht in Schablonen stecken. Zu Anwaltschaft zählt für uns auch das Eintreten zur Bewahrung der Schöpfung.
Da uns Anwaltschaft wichtig ist, wollen wir uns bei unseren Entscheidungen und bei unserem Handeln in der Pfarrei davon leiten lassen, denn wie können wir Nächstenliebe besser zeigen, als wenn wir für diejenigen eintreten, die ansonsten übersehen werden?
Unsere Wahrnehmung soll nicht an den Ortsgrenzen unserer Pfarrei aufhören. Auch nicht an den Grenzen des Bistums, des Landes oder des Kontinents. Und sie soll auch nicht an den Grenzen der römisch-katholischen Kirche aufhören. Denn all dies zählt für uns zur weltweiten Kirche.
Da uns die weltweite Kirche wichtig ist, wollen wir sie immer im Blick behalten, auch wenn die Schwerpunkte des Handelns in der Pfarrei liegen. Unsere Nächsten sind nicht nur die, die räumlich vor unserer Tür stehen, sondern diejenigen, denen gegenüber wir Barmherzigkeit zeigen.
Die folgende Aufzählung enthält die Punkte, die den Mitgliedern des Pfarreirates in Hinblick auf die Vision der Pfarrei wichtig sind.
Es ist uns wichtig, dass …